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Henrik Urs Müller – das Tafelwerk 

Das Hauptwerk von Henrik Urs Müller einzuordnen ist nicht ganz einfach: Man könnte es als Experimentelle Fotografie benennen. Die Anmutung ist aber eine andere, eine ganz eigene. Man sieht bzw. spürt sofort, dass die Grundlage des Werkes die Fotografie ist.
Das Tafelwerk, eine von Henrik Urs Müller seit den späten Nuller-Jahren entwickelte eigenwillige Technik, um auch ein großes Bildwerk zu schaffen, ist ein Resultat seines persönlichen Handicaps. Seine rechte Hand ist nur eingeschränkt funktionsfähig, was bedeutet, dass er allein keine größeren Formate handeln kann. Aus der Not ist eine Tugend geworden, aus der hier gar eine eigene Bildsprache durch den Künstler entwickelt wurde: Die Addition kleiner Teile zu einem großen Ganzen, ausgedrückt im Tafelwerk (eigentlich genauer: Täfelchenwerk), das ein Komposit aus einzelnen Birkenholztäfelchen ist. Sie fungieren entweder als Träger der verschiedenen Materialien und Schichtungen, oder sie werden auch visuell eingebunden, wenn der Künstler bewusst transparente Stellen schafft, um das Holz für uns sichtbar ‚atmen‘ zu lassen. Die Fotografie wird als Transferprint auf Folie gebracht und partiell mit Gold und Lack hinterlegt, oder auch mit letzterem übermalt. Das Technik der Hinterglasmalerei kommt hier zum Einsatz.

Das nicht perfekte Aneinanderreihen der einzelnen Täfelchen zum großen Ganzen, ist ganz im Müller‘schen Sinne. Zusätzlich werden darüber bildimmanente Spannungen aufgebaut, weil die Täfelchen selten im rechten Winkel zueinander stehen und gelegentlich auch leicht in den Raum gekippt wirken.
Das Gold ist für den Künstler besonders wichtig. Es transzendiert den Raum und schafft abstrakte Verbindungen, die als geistige gelesen werden können. Zudem garantiert das Material, dass sich das Werk stetig am Ändern ist, weil es sehr sensibel auf die Veränderung der Lichtverhältnisse reagiert. Das Gold kann beim Sonnenuntergang gar purpurrot werden.