Intervention XXX-02: Marlies von Soden @ KioskShop berlin (KSb)

10.12.2022 – 25.2.2023 (verlängert)

3d visit

Text (English)

 

Es bedarf nur dreier Werke von Marlies von Soden, um dem KioskShop eine neue Erscheinung zu geben.
Zentral in der Mitte des Raumes leuchtet die große Hängeskulptur Negligé Illuminé zart in den Raum hinein. Wie ein Gemälde aus einer anderen Zeit – man könnte an Malereien von Georgia O’Keeffe oder Tamara Lempicka aus der Zeit der Klassischen Moderne denken – entfaltet sich organisch in großen faltenreichen Schwüngen, sich aufblätternd die an eine kopfüber hängende Rosenblüte erinnernden Form. Die vielen Schichtungen mit ihren schwungvollen Falten lässt die im Inneren hängende Lichtquelle unterschiedlich stark durchscheinen. Das diaphane Material des Polypropylens verstärkt die Präsenz dieser divergierenden Lichtgestalt. Auch an das kostbar sich auffaltende Gewand einer mittelalterlichen Madonnenfigur könnte man denken. Im Kontext der streng geometrisch und nüchtern weißen Ladenmöbelarchitektur des KioskShopformuliert diese große organische Form einen spannungsreichen Kontrast, und dient zugleich als Materialklammer: Das milchig weichzeichnende Kunststoffmaterial korrespondiert ideal zum gebleichten Bienenwachs der Product Sculptures, ist beides in seiner Erscheinung semitransparent und diaphan. Besucher halten oft das Propylen für Wachs.

Die unmittelbar zum Schaufenster auf einem Sockel platzierte Arbeit Cumulus nimmt durch den weißlackierten Sockel die Strenge der weißen Innenarchitektur auf. Belebt durch die Unterleuchtung der additiv in einer Plexiglashaube arrangierten Einzelformen zu einem Ganzen, definiert dieses Werk die Raumabfolge von der Straße her. Es zieht die Passanten magisch zum Schaufenster und wird so zu einem starken Präludium, das Lust macht auf mehr.

Der KioskShop selbst ist durch die Lichtquellen in der Sockelzone in blaues Licht gehüllt. Die Weißlichtphase auf den umlaufenden Ladenmöbeln und an der Decke ist zugunsten der Lichtskulpturen ausgeschaltet.

An der Zeitungswand, gleich vorn am Eingang, ist Cirrus zu sehen. Diese – hier unbeleuchtete Wandskulptur – wirkt so, als wäre sie an dieser Wand zu einem sich bauschig auffaltenden stoffähnlichen Gebilde zusammengerafft. Leicht diagonal den Wandabschnitt durchmessend, könnte diese Werk auch ein modellhafter Faltenwurf sein: Sie selbst genügend, die Schönheit der Drappierung zeigend, trotz spannungsreicher Stauchbewegungen der einzelnen Falten würdevoll in sich selbst ruhend. Ein Beispiel einer idealen Harmonie.
Die Dynamik und Aufwärtsbewegung des Faltenwurfs nach links oben zieht den Besucher förmlich in den KioskShop hinein.

Gerade in dieser Jahreszeit und im Angesicht der überall implizierten Hoffnungslosigkeit in diesem Jahr, schafft Marlies von Soden mit ihrer Interventionsausstellung ein magisches und hoffnungsvolles Lichtzeichen!

Semjon H. N. Semjon, Dezember 2022

 

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